Freitag, 9. Dezember 2022

Kurzgeschichte Nr.9 "Wenn der Schlüssel fehlt"

Irgendwie klemmte die Tür. Er zog und zerrte, drückte dann und presste mit beiden Händen, aber sie rastete auch nicht mehr richtig ein. Und der Autoschlüssel war bei Karl... 
 
Zu dumm, was sollte er nun machen? Warten? Das konnte Stunden dauern! Einfach gehen? Wenn er die Tür nicht mehr aufbekam, würde das schließlich auch kein Fremder schaffen. Er hasste diese Halbzustände, wenn etwas nicht richtig drin aber auch nicht richtig draußen, nicht richtig offen aber auch nicht richtig zu war. Wenn etwas nicht richtig richtig war. Damit konnte er nur schlecht leben. Er fühlte sich dann sehr unwohl und absolut unentspannt. 
 
Aus einem Reflex heraus trat er mit der weichen Gummisohle seines Wanderstiefels gegen die Tür. Etwas im Scharnier zerbarst. Na toll! Mit einem störrischen Quietschen schwenkte die Tür langsam auf. Er schaute mit stumpfem Blick in das Innere des Wagens. Hol ́s doch der Teufel! Er war nicht in der Lage auch nur den kleinsten klaren Gedanken zu fassen. Warum war er nicht einfach im Wagen liegengeblieben? Gut, das war zwar nicht sehr bequem gewesen, aber immerhin hatte er eine Decke und ein Dach über dem Kopf gehabt. Und die Autopapiere zum Lesen. Immerhin. Und jetzt? Jetzt war der Wagen kaputt. Weil er sich mal wieder nicht hatte beherrschen können. Wieviel so eine Reparatur wohl kosten würde? Bestimmt so einiges. Und das Gesicht von Karl konnte er sich auch schon ausmalen.
 
Instinktiv schaute er nach hinten. Karl näherte sich dem Parkplatz. Wieso jetzt schon? Zuerst kam und kam er nicht, aber kaum hatte Erhard wieder mal was verbrochen, erschien er pünktlich wie ein Engel um zu richten. Zu richten mit strengem Blick, zutiefst enttäuscht, so dass Karl in Rage geriet, und Vorwürfen die auch noch alle absolut berechtigt waren.
 
HvvH`XX/08/06 - entstanden in Düsseldorf

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